Wann braucht ein Pferd eine Osteopathin, wann eher einen Tierarzt? Diese Frage ist für
Pferdebesitzer nicht immer einfach zu beanworten.
Allgemein lässt sich sagen, dass akute Verletzungen erst vom Tierarzt angeschaut und behandelt werden müssen, z.B. wenn ein Pferd lahmt, also hinkt. So kann eine Verletzung wie z.B. ein Bruch oder eine Bänderverletzung ausgeschlossen werden.
Vor kurzem hatte ich eine osteopathische Erstbehandlung bei einem Pferd, bei der sich gut gezeigt hat, dass es in der richtigen Reihenfolge sowohl den Tierarzt als auch mich als Pferdeosteopathin gebraucht hat.
Die Kundin hatte mich per Telefon kontaktiert und mir geschildert, dass ihr Pferd im Moment sehr schlecht laufe. Wir haben einen Termin vereinbart für eine osteopathische Erstbehandlung, welcher leider erst 3 Wochen später möglich war.
Etwa 1.5 Wochen vor der Behandlung schrieb sie mir und fragte, ob ich ein Video anschauen könnte von ihrem Pferd. Auf dem Video war gut zu sehen, dass
das Pferd stark lahmte mit dem linken Hinterbein und sich sehr langsam und vorsichtig bewegte.Ausserdem war zu erkennen, dass das Pferd mager und schlecht bemuskelt war, was mir die Kundin im ersten Telefongespräch schon mitgeteilt hatte.
Ich riet ihr aufgrund der akuten Lahmheit dringend dazu, einen Tierarzt zu konsultieren, auch im Hinblick auf meine folgende osteopathische Behandlung, für die es gut wäre, eine Diagnose zu haben.
Der Tierarzt konnte keine genaue Diagnose stellen, jedoch akute Verletzungen wie Brüche, Sehnenverletzungen ausschliessen. Er verschrieb der Stute für einige Tage Schmerzmittel, um die akute Situation zu entschärfen.
Ausserdem stellte er bei seiner Untersuchung fest, dass die schon ältere Stute einige Backenzähne verloren hatte. Somit konnte das Heu und Kraftfutter von ihr nicht richtig aufgeschlüsselt und verwertet werden, was der Grund für ihren Gewichtsverlust und den Muskelabbau ist.
Mit sogenannten Heucobs, Würfeln aus klein geschnittenem Heu, kann die Besitzerin nun versuchen, das Gewicht der Stute wieder zu erhöhen. Diese eingeweichten Heuwürfel sind viel leichter zu kauen und zu verdauen für Pferde mit fehlenden Zähnen.
Am Tag meiner osteopathischen Behandlung sah ich im Gangbild der Stute einige Auffälligkeiten. Sie ging zwar deutlich besser als auf dem Video, sie lief aber eher staksig und es gab Hinweise auf eine osteopathische Läsion im Becken. In der Untersuchung zeigte sich eine leichte Rotationsläsion im 1. Halswirbel. Im Becken war eine deutliche Fehlstellung der linken Beckenschaufel, also im Bereich des sogenannten Iliosakralgelenks zu finden.
Ansonsten fanden sich natürlich verspannte Muskeln und verhärtete Faszien im Genick- und Halsbereich, an den Schultern sowie am Rücken und Becken. Die Stute liess sich sehr gut auf die ausgiebige Behandlung der Muskeln und Gewebe ein, sie konnte
dabei gut entspannen, schloss die Augen und schnaubte immer wieder.
Am Ende der Behandlung löste ich mit sanften mobilisierenden Techniken den 1. Halswirbel sowie das linke Iliosakralgelenk.
Danach musste die Stute wieder vorlaufen: Sie lief jetzt fleissig und locker vorwärts, das Becken schwang wieder gleichmässig.
Für mich ist Coco ein sehr gutes Beispiel einer gelungenen Behandlung.
Sie hat zuerst einen Tierarzt benötigt, um akute Verletzungen auszuschliessen und sie mit Hilfe von Schmerzmitteln aus der akuten Situation herauszuholen.
Ausserdem ist es enorm wichtig, dass das Fehlen einiger Backenzähne entdeckt wurde, so dass die Besitzerin jetzt darauf reagieren kann und die Stute hoffentlich wieder Gewicht und Muskulatur aufbauen kann.
Der Tierarzt konnte jedoch die Probleme des Pferdes im Bewegungsapparat nicht lösen. Hier komme ich als Osteopathin ins Spiel, um Gelenksblockaden zu erkennen und zu behandeln und den Pferden zu helfen.
Die Vorteile des Osteopathie: Ein Kommentar der Therapeutin
Die Arbeit von uns Osteopathen kann entscheidend sein für das Wohlbefinden von Pferden. In Cocos Fall konnte ich nicht nur akute Beschwerden lindern, sondern auch langfristige muskuläre Probleme angehen, die oft unerkannt bleiben. Die ganzheitliche Herangehensweise der Osteopathie ermöglicht es uns, nicht nur Symptome zu behandeln, sondern auch deren Ursachen zu identifizieren und zu korrigieren.
Durch sanfte, aber gezielte Manipulationen können wir Blockaden lösen und die natürliche Balance des Pferdekörpers wieder herstellen.
Die positiven Ergebnisse sprechen für sich: Coco zeigte nach der Behandlung eine verbesserte Beweglichkeit und ein gesteigertes Wohlbefinden. Dies verdeutlicht den Wert der Osteopathie als Ergänzung zur tierärztlichen Versorgung und unterstreicht die Bedeutung einer ganzheitlichen Betreuung für unsere geliebten Vierbeiner.
Ich bin stolz darauf, Teil dieses Prozesses zu sein und dazu beizutragen, dass Pferde wie Coco ein gesundes und erfülltes Leben führen können.
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